18./19. Februar 2008 - Erfahrungsaustausch von Realbrandausbildern in Wuppertal

(ar) Am 18./19. Februar 2008 fand in Wuppertal ein Erfahrungsaustausch zwischen Realbrandausbildern statt. Zusammengekommen waren Kollegen aus NRW, Hessen, Hamburg, Berlin, Baden-Württemberg und auch Atemschutzunfaelle.eu war durch Adrian Ridder vertreten. Ebenfalls vor Ort waren Rune Eriksson und Johan Hahnberger von der Feuerwehrschule Skövde in Schweden, die den schwedischen Ansatz bei der Realbrandausbildung und auch neue Erkenntnisse in Sachen Strahlrohrtechnik vorstellten. Bei der Vorstellung der schwedischen Ausbildung und Vorgehensweise wurde klar, dass diese den deutschen einiges voraus haben. So wird dort nicht nur bei der Realbrandausbildung sehr realistisch geübt, sondern auch die Ausbildung einer stetigen Weiterentwicklung und Anpassung an neue Erkenntnisse unterzogen. Dies ist möglich, da entsprechend anwendungsorientierte Forschung sowohl an den Feuerwehrschulen, als auch an Universitäten praktiziert wird; in Deutschland ist dies zur Zeit leider erst maximal in Ansätzen vorhanden. Den deutschen Kollegen fiel auch sehr positiv auf, dass in Schweden eine einheitliche Lehrmeinung zur Realbrandausbildung vorhanden ist und somit auch klare Standards entwickelt wurden, welche in Ausbildung und Einsatz umgesetzt werden können. Ein sehr beneidenswerter Zustand, wenn man bedenkt, dass es in Deutschland nicht nur 16 Ländermeinungen gibt, sondern z. T. von Stadt zu Stadt und von Anbieter zu Anbieter zum Teil gravierende Unterschiede in der Herangehensweise und sogar schon bei Begrifflichkeiten und Definitionen gibt, wodurch es leider schnell zu Missverständnissen kommt. Hier muss in Zukunft Abhilfe geschaffen werden. Ein weiterer interessanter Aspekt war die Tatsache, dass in Schweden feststoffbefeuerte Container-Brandübungsanlagen als sog. "Brandlabor" verwendet werden, d. h. dort werden den Teilnehmern in der Praxis Sachverhalte wie die Brandentwicklung, Branddynamik, Phänomene der Schnellen Brandausbreitung u. ä. m. vorgestellt und demonstriert. Im Gegensatz zu Deutschland wird in dieser Art von Containern keine Brandbekämpfung in dem Sinne durchgeführt. Dafür stehen andere Anlagen zu Verfügung. Die schwedischen Kollegen führten auch Ausbildungsmethoden vor, m-it denen im kleinen Maßstab Phänomene von Bränden gezeigt und erklärt werden können. Dazu gehören das sog. Aquarium, mit dem Zündgrenzen und Mischungsverhältnisse sehr plastisch dargestellt werden können, und auch sog. Dollhouses ("Puppenhäuser"), d.h. kleine hölzerne "Häuser" (eigentlich Würfel), wo Phänomene wie Flashover und Backdraft und (bei der mehrstöckigen Variante) auch die Brandausbreitung in der Horizontalen und Vertikalen demonstriert und veranschaulicht werden können. Auch dies war eine wichtige Erkenntnis aus dem Treffen: Auch die Realbrandausbildung unterliegt einem stetigen Wandel und entwickelt sich weiter: Dies gilt sowohl für die Art und Verwendung der Realbrandübungsanlagen, welche zukünftig auch stärker an reale Gegebenheiten angepasst werden sollten, z. B. durch mehrstöckige und komplexere Anlagen, wie sie z. B. in Schweden bereits vorhanden sind, als auch für Aspekte wie die Strahlrohrtechnik. In Schweden wurde die Impuls-Technik derart weiterentwickelt, dass nun längere "Sprühstöße" von ca. 10 s Länge abgegeben werden. Hintergrund für diese Anpassung war, dass den größeren Brandlasten und Geometrien von realen Gebäuden im Gegensatz zu Container-Anlagen besser begegnet werden kann, wo nämlich die Sprühimpulse ggf. an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit kommen können (sie waren auch nie für die Anwendung in sehr großen Räumen gedacht). Davon ab ist die Handhabung einfacher, da die schnellen Auf-/Zu-Bewegungen am Strahlrohr nicht mehr nötig sind, wodurch auch die Armaturen und Schläuche geschont werden. Diese Variante der Löschtechnik ist sicherlich auch für deutsche Feuerwehren einen zweiten Blick wert und verdient eine offene und vorurteilsfreie Auseinandersetzung damit. Die vorgestellten schwedischen Techniken und Vorgehensweisen wurden am zweiten Tag in der Realbrandausbildungsanlage der BF Wuppertal von den Teilnehmern unter Anleitung der schwedischen Kollegen auch in der Praxis getestet; auch hier war das Feedback überwiegend positiv. Rundum war der Erfahrungsaustausch eine sehr gelungene und gut organisierte Veranstaltung; die große Resonanz und die Rückmeldungen der Kollegen zeigten deutlich, dass derartige Angebote mehr als willkommen sind und sich großer Beliebtheit erfreuen.

Videos: "Puppenhaus" zur Brandausbildung: einstöckiges Puppenhaus (39 MB), mehrstöckiges Puppenhaus (44 MB)

Alle Bilder: M. Fuchs, BF Wuppertal